Ausstellung: „Sagenhaftes Oberhavel – Legende und Wirklichkeit“
Ausstellung im Kreismuseum mit zwei Sagen aus Leegebruch /Landschaftsfotografien setzen Mythen und Legenden aus der Region zauberhaft ins Bild
Spätestens seit Theodor Fontanes Altersroman „Der Stechlin“ ist die Schönheit des gleichnamigen Sees im Nordwesten Oberhavels kein Geheimnis mehr. In der Tiefe seines kristallklaren Wassers soll auch der Rote Hahn leben, der der Legende nach aufsteigt, wenn in der weiten Welt etwas Großes und Ungewöhnliches passiert – „dann brodelt’s hier nicht bloß und sprudelt und strudelt, dann steigt statt des Wasserstrahls ein roter Hahn auf und kräht laut in die Lande hinein.“
Mit der Sage vom Roten Hahn und vielen weiteren können sich die Besucher des Kreismuseums Oberhavel seit Donnerstag in der Ausstellung „Sagenhaftes Oberhavel – Legende und Wirklichkeit“ vertraut machen. Zahlreiche Orte, Naturbegebenheiten und Ereignisse boten schon vor Jahrhunderten Anlass für Geschichten und mystische Erzählungen. Diese überlieferten sich von einer Generation zur nächsten. Nicht selten entstanden so auch seltsame und schaurige Bezeichnungen für Orte und Landschaften wie Teufelssee, Zwergberg oder Verlorenenort.
Kuratorin Ulrike Rack vom Kreismuseum Oberhavel hatte die Idee, diese Überlieferungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So nahm sie Kontakt zu Kommunen und Ortschronisten auf, recherchierte, wertete Zuarbeiten aus und gestaltete die Ausstellung.
Illustriert werden die Mythen durch zahlreiche großformatige Landschaftsfotografien. Diese von Hobby- und professionellen Fotografen aufgenommenen Bilder fangen die sagenumwobene Stimmung ein und zeigen die Region in einem ganz außergewöhnlichen Licht. Sie spiegeln die Schönheit und Vielfalt der Landschaft mit ihren Wäldern, Seen, Wiesen, Feldern, Schlössern, Herrenhäusern, Klöstern und nicht zuletzt der Havel wider und entführen den Betrachter in die Welt der Hexen, Kobolde und verlorenen Schätze.
„Die Ausstellung entführt uns auf eine Reise durch unseren Landkreis von Norden nach Süden – von Fürstenberg über Gransee, Zehdenick und Liebenwalde nach Oranienburg, Glienicke und Hennigsdorf“, sagte der Erste Beigeordnete Egmont Hamelow zur Ausstellungseröffnung. „Auf diese Weise knüpft sie hervorragend an die Jubiläumsschau „Hervorgebracht – 20 Jahre Oberhavel“ an. Während diese die Geschichte unseres Landkreises im Wandel der vergangenen 20 Jahre beleuchtete, beschäftigt sich das ‚Sagenhafte Oberhavel‘ mit der teils Jahrhunderte alten Geschichte unserer Region. Auch das stärkt Heimatliebe und Traditionsbewusstsein.“ (Quelle: www.oberhavel.de)
Dabei sind auch zwei Beiträge aus Leegebruch, die Ulrike Unger zusammengetragen und beigesteuert hat.
Wie die Eichen einen armen Bauern vor der List des Teufels retteten
Unwegsamer Sumpf mit Weiden und Erlen, einzelne sandige Flächen mit Birken und Kiefern, daneben auch lehmiger Boden mit dichtem Eichenbestand – so einsam und duster sah es dort aus, wo sich später einmal der Ort Leegebruch entwickeln sollte. Anfangs gab es nur wenige mutige Menschen, die sich trauten, hier ganz allein mit ihren Tieren zu leben, schutzlos der Natur ausgesetzt.
So manche Ernte wurde im Sommer durch Hagelschlag und Überschwemmungen verdorben, im Winter machten Schnee und Frost Mensch und Tier zu schaffen. In bitterer Kälte rückten alle eng zusammen, unter einem Dach. So war es halbwegs kuschelig. Strom gab es noch nicht, Smartphone und Fernsehen auch nicht. Man vertrieb sich die langen dunklen Winterabende mit Spinnen oder dem Erzählen von wahren und erdachten Geschichten; oft mit Schattenspielen im Schein der Kerzen oder Steinölleuchten gruselig untermalt. Mal erschien eine schwebende Gestalt im nebligen Eichenhain der Dorfaue, dann gab es die Mär von kopflosen Reitern, die in der Dämmerung mit klirrenden rostigen Ketten durch das Luch sprengten. Und ob die folgende Geschichte vom Teufel nun stimmt, kann keiner so genau sagen. Ein Körnchen Wahrheit ist aber sicher dabei, denn die Großeltern haben es sehr ernsthaft den Kindern und die wieder ihren Kindern erzählt, bis heute.
Da der Teufel bekanntermaßen clever ist, hat er an vielen Orten die Menschen mit seiner List ins Elend gestürzt. In Leegebruch jedoch, das einst noch das „leege bruuch“ genannt wurde, hatte der Teufel das Nachsehen – dank der vielen hier stehenden Eichen …
Wie die Eichen einen armen Bauern vor der List des Teufels retteten[1]
Am Rande des sumpfigen Luchs, im leege bruuch, lebte einst ein Bauer, der befand sich in großer Not. Mehrere Ernten waren durch Unwetter verdorben, Hunger und andere Unglücksfälle hatten ihn und seine Familie in tiefe Schulden gestürzt. Als ihm nun Haus und Hof genommen werden sollten, rief er in seiner Not den Teufel an. Der kam sogleich und brachte einen dicken Sack voll Geld mit. Dafür sollte ihm der Bauer seine Seele verschreiben. Dem armen Mann wich die anfängliche Freude einem großen Schreck und er bat, sich die Sache noch einmal überlegen zu können.
Da aber sprach der Teufel: „Sei kein Narr, verloren bist du ja doch! So kannst du wenigstens Haus und Hof für deine Frau und die Kinder retten. Auch will ich deine Seele ja nicht gleich haben, sondern erst dann, wenn alle Bäume kahl sind.“ Erleichtert willigte der Bauer ein und verschrieb dem listigen Teufel seine Seele. Grinsend entfernte sich der Bösewicht und wartete auf den Herbst.
Die Bauersfamilie lebte glücklich und zufrieden einen ganzen Sommer lang, doch als die Tage kürzer wurden und die ersten Bäume ihr Laub verloren, bekam es der Familienvater mit der Angst zu tun. Er ging in die Kirche, wo er Gott um Vergebung seiner Sünden und die Errettung seiner armen Seele bat. Alsbald sprach Gott zu ihm: „Weil du deine Sünden bereust, will ich dir helfen. Wenn auch die anderen Bäume ihr Laub verlieren, so soll die Eiche ihre Blätter den ganzen Winter über behalten, bis es wieder junges Laub gibt. So erhält der Teufel keine Macht über dich.“
Und so geschah es dann auch. Als zur späten Herbsteszeit der Teufel kam und die Seele des Bauern holen wollte, sprach dieser: „Du kommst zu früh, denn noch sind nicht alle Bäume kahl“. Der Teufel lachte, er wollte es nicht glauben. Doch der Bauer nahm ihn mit in den Eichenhain und zeigte ihm, dass die starken Bäume immer noch braunes Laub trugen. Der Teufel wurde ärgerlich und schüttelte einen Eichbaum, so fest er konnte. Aber all sein Toben war umsonst. Da fuhr er hinweg und schrie: „Im Frühjahr komme ich wieder!“
Doch als der Teufel im nächsten Frühling wieder auftauchte, da waren schon überall an den Bäumen die ersten grünen Blättchen hervorgequollen. Doch die Eichen hielten immer noch ihre alten braunen Blätter fest. Da ward der Teufel zornig, dass ihm des Bauern Seele entgangen war. In seiner Wut packte er mit seinen Krallen in die dürren Blätter des Eichbaumes, so dass sie zerrissen. Seit jener Zeit haben Eichenblätter die so merkwürdig ausgebuchtete Form, wie wir sie kennen.
Und Jahr für Jahr halten bis heute vor allem die Traubeneichen [2] ihr Laub in Herbststurm und Winterkälte so lange fest, bis alles andere wieder grünt und blüht. Erst dann treiben bei ihnen die ersten grünen Blättchen wieder aus.
[1] Sagen von Eiche und Teufel sind in ihrem Kern aus vielen Regionen überliefert. Und so ähnlich, wie es beispielsweise Hans Große 1933 in der Bergischen Heimatwarte aufgeschrieben hat, ist diese Sage auch in Leegebruch zuhause.
[2] Während die Stieleiche ihre trockenen Blätter meist schon im Herbst abwirft und im Winter nur noch Reste hängen, behält die Traubeneiche (Baum des Jahres 2014) ebenso wie die Hainbuche ihr Laub über den Winter.
Der Schatz vom Schlangenberg
Die folgende Sage schrieb der damals 12-jährige Adrian Schauer aus Leegebruch im Jahr 2008 anlässlich eines Schreibwettbewerbs zum 80. Ortsjubiläum, veröffentlicht in: Leegebrucher Historische Blätter Heft 8 (Auf Spurensuche im Lehebruch. Eine kleine Zeitreise durch die Ur- und Frühgeschichte Leegebruchs), 2010, S. 10.
Der Schatz vom Schlangenberg
Vor vielen, vielen Jahren, so erzählt man sich, verschwand ein Kaufmann aus Leegebruch. Der Kaufmann, der sehr geldgierig war, soll auf der Suche nach einem alten slawischen Schatz gewesen sein.
Damals war weit und breit nur Moor und oftmals war das ganze Land von undurchdringlichem Nebel überzogen. Der Kaufmann hatte gehört, dass der Schatz auf einem Berg nahe einer früheren slawischen Siedlung in Leegebruch versteckt sei. Also sattelte er sein Pferd und machte sich auf den Weg dorthin. Was er aber nicht wusste: Der Schatz wurde von einer uralten Moorhexe bewacht. Diese sah den Kaufmann schon von weitem auf seinem Pferd daher kommen und schickte ihre treueste Schlange, um den Kaufmann zu verjagen.
Was dann passierte, weiß niemand mehr so genau. Eines ist jedenfalls sicher: Der Kaufmann wurde seitdem nicht mehr gesehen! Einige Zeit später wurde sein Hut neben einem Moorloch gefunden und manch einer meint noch heute in nebligen Nächten, das herrenlose Pferd wiehern zu hören.
Da nichts anderes bewiesen wurde, glaubt man bis zum heutigen Tag, dass auf diesem Berg die Schlange weiterhin den Schatz bewacht. Aus diesem Grund nennen die Leegebrucher ihren Berg seitdem nur noch den Schlangenberg.
Mehr Informationen
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Landkreises Oberhavel.
Nachtrag vom 26. April 2015
Ausstellung Sagenhaftes Oberhavel
Legende und Wirklichkeit zauberhaft in Szene gesetzt
Die diesjährige Frühjahrs-Exkursion führte die Mitglieder des Geschichtsvereins ins Oranienburger Schloss. Angesagt war der Besuch einer Ausstellung im Kreismuseum Oberhavel, das unseren Landkreis zur Zeit in einer ganz besonderen Weise, nämlich „sagenhaft“, präsentiert. Zauberhafte Fotos der Landschaft von heute rahmen Texttafeln ein, auf denen ortsbezogene Sagen an alte Zeiten erinnern. An Zeiten, in denen man Radio und Fernsehen noch nicht kannte und sich die langen Winterabende mit dem Erzählen von wahren und erdachten Geschichten vertrieb. Die wurden über Generationen oft nur mündlich weitergegeben, ehe es schriftliche Aufzeichnungen gab.
Und jetzt im Museum ist die Verbindung zwischen Legende und Wirklichkeit der einzelnen Orte des Kreises Oberhavel im wahrsten Wortsinn gelungen. Beeindruckend schöne Bilder beweisen, wie vielfältig sich unsere Landschaft zeigt. Natur und Architektur jeweils in Verbindung gebracht mit alten Sagen ergeben eine gelungene Schau. Angetan von diesen Eindrücken trafen sich die Leegebrucher Geschichtsfreunde anschließend zum gemeinsamen Mittagessen, bei dem schon Pläne für eine nächste Exkursion geschmiedet wurden. Zum Abschluss lohnte noch ein ausgedehnter Spaziergang, denn am gleichen Tag sorgte das Orangefest für Trubel und Aktionen rund um das Schloss.