Die Arbeit der Treuhandanstalt wird jetzt aufgearbeitet
Ehemalige der Messerschmiede können wichtigen Beitrag leisten
Die von 1946 bis 1990 bestehende Messerschmiede Leegebruch ist in diesem Jahr zum besonderen Thema geworden. Der einst selbst zusammengebaute Schmiedehammer mit den dazugehörigen Infotafeln wurde als historisches Exponat Ende Juni am neuen Rathaus aufgestellt. Bei mehreren Vorträgen zur Geschichte der Messerschmiede und bei den Ortsrundgängen zu 90 Jahre Leegebruch ist der Hammer seither Ausgangspunkt für Diskussionen auch unter den ehemaligen Kollegen. Und die sind jetzt aufgerufen, sich an einem Projekt zu beteiligen.
Zur Situation von 1990 schreibt Juli Zeh in ihrem Roman „Unterleuten“:
„Vergangenheit und Zukunft waren dabei, sich in Luft aufzulösen, weshalb sich die Gegenwart schon aufgrund ihres bloßen Stattfindens wie ein Irrtum anfühlte.“
Ganz aktuell im Blickpunkt steht die Treuhandanstalt – heute noch ein Reizwort für die vielen Beschäftigten der ehemals volkseigenen Betriebe. Von rund 12 000 wurden 8 000 privatisiert und 3 700 stillgelegt. Hauptaugenmerk der mehrheitlich westdeutschen Investoren lag auf Anlagen und Technologien. Dass zwischen einer und drei Millionen Menschen nach dem Verlust ihrer Arbeitsplätze geschockt und meist ohne Perspektive zurückgelassen wurden, schien eher unwichtig.
Spät zwar, aber immerhin ist diese in der Öffentlichkeit bislang kaum beachtete Seite der Treuhand jetzt zum wissenschaftlichen Forschungsthema geworden. Die im Juli erschienene erste große zeithistorische Untersuchung (Marcus Böick: Die Treuhand. Idee-Praxis-Erfahrung 1990–1994, Göttingen 2018) hat große Aufmerksamkeit gefunden. Gesammelt werden sollen nun die notwendigen differenzierten Betrachtungen, um diesen über 700 Seiten starken Überblick mit Leben zu füllen. Als Beitrag dazu wären ganz persönliche Erfahrungen wichtig, auch die der betroffenen Leegebrucher. Nur sie können berichten, wie es ihnen damals ergangen ist und wie sie diesen Umbruch bewältigt haben. Vielleicht organisieren die ehemaligen Kolleginnen und Kollegen der Messerschmiede zunächst einmal einen Stammtisch und reden über diesen Vorschlag?
Ulrike Unger
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