Grünes Leegebruch vor den Toren Berlins
1928 wurde aus dem längst entwässerten Forstrevier und Vorwerk eines Remontedepots eine eigenständige Landgemeinde mit 250 Einwohnern. Ihr Name: Leegebruch, was so viel bedeutet wie „niedrig gelegenes Sumpfgebiet“ (als „lehebruch“ bereits im 17. Jahrhundert erwähnt).
Zehn Jahre später wohnten in Leegebruch bereits über 6 000 Menschen. Für die in den neuen Oranienburger Heinkel-Flugzeugwerken benötigten Arbeitskräfte war der junge Ort zu einer Werkssiedlung mit meist langen Häuserreihen ausgebaut worden. Aus allen Teilen Deutschlands kamen die Neubürger, um in mehr als 1 200 neuen Häusern heimisch zu werden. An den Fassaden angebrachte Hauszeichen aus künstlerisch gestalteter Keramik sorgten mit ihrer Individualität dafür, dass sich kein Schulkind und auch kein Nachtschwärmer in ein fremdes Haus verirren konnte. Leegebruch wurde damals die kinderreichste Gemeinde Deutschlands genannt.
Der Zweite Weltkrieg, der in Leegebruch selbst kaum Schäden angerichtet hatte, beendete dennoch alles. Es gab keine Heinkelwerke mehr und damit kaum noch Arbeit. Viele Familien zogen zurück in ihre alte Heimat, dafür kamen Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Sudetenland. Letztere stammten vor allem aus Nixdorf (dem heute tschechischen Mikulášovice). Sie brachten von dort, wo seit alters her Schneidwaren produziert wurden, ihre Kenntnisse und Werkzeuge mit. Gemeinsam mit den Leegebruchern bauten sie eine Messerschmiede auf, in der sie ab 1946 mit ehemaligen Heinkelwerkern arbeiteten. Auch in Großbetrieben wie den Stahl‑, Lokomotivbau- und Kaltwalzwerken der Nachbarstädte Hennigsdorf und Oranienburg verdienten viele Leegebrucher ihr Geld.
Der Wende von 1989 folgten erneut einschneidende Veränderungen. Trotz internationaler Anerkennung ihrer Qualitätserzeugnisse, weltweiter Exporte und guter Wirtschaftskraft sollte die erfolgreiche Zeit der Messerschmiede ein Ende finden. Nach und nach wurden Gebäude und Grundstücke verkauft, kleine und mittelständische Betriebe siedelten sich an. Supermärkte eröffneten – neben den nach wie vor ansässigen Geschäften in der bis heute erhaltenen Ladenzeile aus den dreißiger Jahren. Im Zuge des Baubooms hat sich Leegebruch durch moderne Architektur im Zentrum und eine gute Infrastruktur zu einem Ort mit hoher Lebensqualität entwickelt. Ob Ärzte, Apotheken, Hotels, Post, Sparkasse, Kirchen, Schule und Kitas, regelmäßiger Busverkehr in die Nachbarstädte und zu Bahnhöfen – alles ist vorhanden für knapp 7 000 Einwohner, die in den herausgeputzten alten Siedlungshäusern oder in Neubauten mit großen Gärten leben.
Ringsum ist der Ort von Wiesen, Wald und Wasser umgeben, wo Spaziergänger, Jogger und Radfahrer Entspannung finden. Auch für Touren in die Umgebung ist hier ein idealer Ausgangspunkt. In einer halben Stunde ist man mitten im quirligen Berlin. Und wer´s beschaulicher mag: ob Angler, Paddler oder Bootskapitän, ob Natur- oder Kulturfreund, die eiszeitlich geprägte Landschaft Brandenburgs offenbart ganz eigene Reize, birgt einzigartige Schätze und hat schon viele Menschen verführt, für immer hier zu bleiben.
Ulrike Unger
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