Vom Lehebruch zu Leegebruch
7. März 2010: Vortrag zu den neuesten Forschungsergebnissen zum Ursprung und der Ersterwähnung des Ortsnamens
Ein zwar kleines, aber sehr interessiertes Publikum sorgte am Sonntag, 7. März 2010 im Hotel Leegebruch mit vielen Fragen rings um das Thema Ersterwähnung des Ortsnamens dafür, dass der angedachte Kurzvortrag mehr als eine Stunde dauerte. Die Zuhörer erfuhren, dass die Ersterwähnung eines Ortes nicht zwangsläufig die Ortsgründung betrifft, wenn dies auch häufig zusammenfällt.
Übrigens ist es nebensächlich, ob die Schreibweise mit der heutigen identisch ist. Wichtig ist die eindeutige Zuordnung. Im Zweifelsfalle hilft dabei die Betrachtung des zeitgenössischen Umfeldes und anderer Zusammenhänge. Insgesamt beziehen sich Ersterwähnungen auf Klöster, Burgen, Höfe, Festungen, aber auch auf Flüsse, Berge, Täler – also landschaftliche Gegebenheiten. Und eine solche landschaftliche Gegebenheit beschert dem heutigen Leegebruch die frühe Erwähnung von 1620. Das sumpfige „Lehebruch“, bestanden mit Erlen, gelegen zwischen Velten und Bötzow (heute Oranienburg), lässt sich eindeutig als Ursprung nachweisen.
Ein Glücksfall: es ist eher selten, dass ein Flurname nur wenig verändert drei Jahrhunderte überdauert und dann konkret dem Ortsnamen zugeordnet werden kann.
Nach diesen ersten Informationen wurden Holzordnungen, insbesondere die von 1622 (Teildatierung 1620), und ihr Umfeld zum Leben erweckt. Als Vorläufer unserer heutigen Forstordnungen hatten sie schon viel Ähnlichkeit – denn bereits damals ging es um „böse“ oder „muthwillige Buben“, die Holz klauten, Brände legten, sonstwie den Wald verwüsteten und verbotenerweise Wildbret jagten. Bei den jeweils verhängten Strafen waren 1620 für einen abgeschossenen Hirsch nur stolze 500 Taler zu zahlen. Ein halbes Jahrhundert zuvor sah die damalige Holzordnung für den Diebstahl von „Hirschkälbern und Rehlämmern“ gar „Augen ausstechen“ vor. Das entsprach tatsächlich dem seinerzeit geltenden Strafrecht (Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532, Art. 159) und galt gemeinsam mit „Hand abhacken“ noch als milde Strafe.
Nun zum Aussteller der für Leegebruch so wichtigen Urkunde: Kurfürst Georg Wilhelm, geboren 1595. Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters Johann Sigismund musste er 1619 die Regierungsgeschäfte übernehmen. Die laufenden Verhandlungen mit Polen um das preussische Lehen und viele andere Aufgaben hielten ihn fürs erste in Königsberg fest. Nach Sichtung der väterlichen Verfügungen machte er sich alsbald daran, Vaters Holzordnung zu erneuern.
Der Sorge, der Dreißigjährige Krieg werde bald auch Brandenburg erreichen, verdankt das Lehebruch wahrscheinlich seine Erwähnung: Im Januar 1620 befahl der Kurfürst dem Kommandanten der Zitadelle Spandau, die Festung auszubauen und gegen feindliche Angriffe widerstandsfähiger zu machen. Im Dezember dann mahnte Georg Wilhelm die Holzförster per „Holtz-Ordnung“ an, kein Holz mehr aus dem „Lehebruche“ zu verkaufen, da das „Ellernholtz daselbst“ für die Festung Spandau u.a. benötigt werde. Der Krieg kam tatsächlich, wenn auch einige Jahre später. Der nicht nur wegen seines Beinleidens schwache Kurfürst Georg Wilhelm irrte, als er glaubte, in diesem Krieg neutral bleiben zu können. Die Mark wurde schwer getroffen von Feld- und Durchzügen aller Fraktionen.
Nach diesen Exkursen ging es weiter mit Fragen und Antworten zur Geschichte Brandenburgs mit den Auswirkungen von Religionskonflikten, Machtdemonstrationen, Heiratspolitik, Frauenpower. Kurz – es war ein höchst lebendiger, weil auf unterhaltsame Weise informativer Nachmittag.
Ulrike Unger
Giso Siebert
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