Vor 25 Jahren: Leegebruch vom Fluglärm befreit
Am 20. Mai 1994 wurden die Hubschrauberpiloten der Sowjetarmee vom Oranienburger Heinkel-Flugplatz verabschiedet
Erlösung für die Leegebrucher vom Fluglärm der sowjetischen Hubschrauber vor 25 Jahren.
Unter den zahlreichen Besuchern der Abschiedszeremonie für die Piloten um ihren Kommandeur Oberst Sergej Nikolajewitsch Schewandin auf dem Oranienburger Heinkel-Flugplatz waren auch Einwohner aus Leegebruch. Sie genossen die „Befreiung“ vom Fluglärm von den auf dem 363 Hektar großen Flugplatz bis dahin stationierten Frontbomber Iljuschin IL-28 und Transportflugzeuge vom Typ Antonow An‑8. Ab den 70iger Jahren kamen die lärmenden Hubschrauber der Typen Mil Mi‑2,-6, ‑8 und ‑24 dazu. Besonders gefährlich empfanden die Leegebrucher, über deren Häuser die Hubschrauber im Schulbetrieb bis zum Flugplatz Schönwalde und zurück flogen, die Maschinen, an denen tonnenschwere Sandkisten an Seilen baumelten.
Zur Verabschiedung der Hubschraubereinheit waren mit Oberstleutnant Bird und Hauptmann Olofson offizielle Vertreter der in Deutschland stationierten britischen und amerikanischen Streitkräfte erschienen. Anwesend war auch der Chef der Luftwaffe der Westgruppe der sowjetischen Truppen Anatoli Fjodorowitsch Waltschkow. Die Ehrenparade zum Abschied der Hubschraubereinheit nahmen auch der damalige Brandenburger Innenminister Alwin Ziel, Karl-Heinz Schröter als Landrat, und Hans-Joachim Laesicke, zu jener Zeit Bürgermeister von Oranienburg, ab. Komplettiert wurde die Riege von Etta Schiller, Präsidentin der Oberfinanzdirektion, Wolfgang Vogel vom Kanzleramt sowie dem Reinickendorfer Bezirksbürgermeister Detlef Dzembritzki.
Bei trübem Regenwetter zelebrierten die Sowjets ihren Abschied mit gewohntem Brimborium. Zum Festmahl tischten die Kommandeure typische russische Kost im Luisenhof auf: Rote-Bete-Salat und Trockenfisch. Natürlich gehörte auch literweise Wodka dazu. Die Besucher mussten andauernd mit den Offizieren aus dem Osten anstoßen: „Auf die Freundschaft und auf den Frieden“.
Die anwesenden Journalisten aus Oranienburg und Berlin konnten beobachten, wie Schröter und Laesicke ihre Sto-Gramm-Gläser heimlich unter den Tisch entleerten und mit Woda (Wasser) aufgossen. Überraschend war auch, dass sich zu fortgeschrittener Stunde britische und russische Militärs quasi im Suff verbrüderten und Abzeichen austauschten.
Auf dem Flugplatz wurden die Hubschrauber für Besucher zugänglich gemacht und – soweit es das Regenwetter erlaubte – waghalsige Flugnummern vorgeführt.
Bis zum tatsächlichen Abzug der Hubschraubereinheit vergingen jedoch noch Wochen.
Die Gefahr, die von den Hubschraubern ausging, erlebte ich als Augenzeuge eines Absturzes eines MI-24 im Ortsteil Glashütte von Friedrichsthal nahe einer Bahnlinie und von Wohnhäusern. Die Hubschrauberstaffel war in Mahlwinkel bei Magdeburg gestartet und in Oranienburg am 16. Mai 1994 zum Tanken zwischengelandet. Der Pilot verlor das Bewusstsein und die Gewalt über die vollgetankte Maschine. Gottseidank ist bei dem Unglück niemand ums Leben gekommen. Der Transporthubschrauber wurde von einem Bergepanzer der Bundeswehr an das Transportunternehmen Ora-Trans übergeben und zum Oranienburger Flugplatz transportiert.
Hajo Eckert