Wie entstand die Partnerschaft zwischen Lengerich und Leegebruch?
Ende Oktober 1990 bekam der Lengericher Bürgermeister Volker Rust einen Brief aus dem brandenburgischen Leegebruch. Sorgfältig mit der Schreibmaschine geschrieben, stellte Karin Hentschke (Mitglied der wenige Monate zuvor ersten frei gewählten Gemeindevertretung) den 4.200 Einwohner zählenden Ort vor und schilderte ihr Anliegen: Leegebruch sei an einer Partnerschaft mit Lengerich sehr interessiert, da ein großer Bedarf an Erfahrungen und Informationen über die Verwaltung einer Kommune und deren Rechtsgrundlagen bestünde.
Wie kam es zu diesem Brief? Die nach der Wiedervereinigung geltenden Gesetze waren in den neuen Bundesländern unbekannt, mussten aber schnellstens umgesetzt werden. Um das zu schaffen, hatte sich das Land Brandenburg schon auf eine Partnerschaft mit Nordrhein-Westfalen verständigt, und so lag es nahe, sich auch als Gemeinde auf diese Region zu konzentrieren. Rasch folgte der erste Schritt dazu:
Karin Hentschke konnte nach dem Mauerfall erstmals seit langer Zeit ihre Eltern im westfälischen Billerbeck besuchen. Bei der Gelegenheit, so hatte man zuvor in Leegebruch vereinbart, wollte sie im dortigen Rathaus vorsprechen. Ohne Erfolg. Nächster Versuch in Coesfeld. Als größere Stadt sei man an einer so kleinen ländlichen Gemeinde eher nicht interessiert, hieß es, aber „fragen Sie doch mal in Münster nach“ gab es als Tipp mit auf den Weg. In Münster bestand eine zentrale Stelle zur Vermittlung von Städtepartnerschaften. Wieder stellte Karin Hentschke Leegebruch vor. Diesmal klappte es: die Stadt Lengerich hatte sich dort bereits gemeldet, um einer ostdeutschen Kommune beim Aufbau von Verwaltung und Infrastruktur helfen zu können. „Und das schönste war, dass diese weitaus größere Stadt gern etwas kleineres wollte!“ freut sich die Leegebrucherin heute noch beim Gespräch über diese erste Phase, die den Brief zur Folge hatte.
Der Gemeinderat wartete nun gespannt auf die Antwort aus Lengerich. Die kam fix. Bürgermeister Volker Rust bot Leegebruch eine Zusammenarbeit an. Sein Amtskollege in Leegebruch, Horst Eckert, schrieb zurück, und schon im Januar 1991 startete eine Lengericher Abordnung zu einem ersten Besuch. Einen Monat später kamen die Leegebrucher zum Gegenbesuch. Nach einem umfangreichen Programm mit Besichtigungen, Gesprächen zwischen Mitarbeitern der Verwaltung und den Vorsitzenden der Ratsfraktionen wurden konkrete Beratungshilfen vereinbart, einzelne Maßnahmen abgestimmt, und schon Anfang März konnte es los gehen mit den ersten Aktivitäten – kurz, „da hat sofort alles gepasst“ denkt der damalige Leegebrucher Hauptamtsleiter Dieter Bennewitz heute an diese aufregenden Anfänge zurück, als nicht nur Austausch und Schulung von Mitarbeitern der Verwaltung hilfreich waren, sondern auch Geräte- und Geldspenden, mit denen Lengericher Bürger die neuen Partner im brandenburgischen unterstützten.
Aus einigen der damals zwischen Verwaltungen, Feuerwehr, Vereinen und Bürgern geknüpften Kontakte wurden Freundschaften, die heute noch bestehen. Und mit Blick auf das 20-jährige Jubiläum der urkundlichen Besiegelung der Partnerschaft im Jahr 2015 sollen verschiedene Aktivitäten dazu beitragen, diese einst aus einer Zweckgemeinschaft heraus erwachsene Verbindung noch lebendiger zu gestalten.
Ulrike Unger
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