Zeugnis vergangener Verwaltungsgrenzen
Am Ende eines vom Bärenklauer Weg kommenden Fahrweges – vor der jetzt versperrten Einmündung zur Germendorfer Chaussee – steht eine alte Steinsäule, die aussieht wie ein Postmeilenstein. Genau gesagt, wie ein Halbmeilenstein. Es handelt sich jedoch um einen Grenzstein, denn unter Graffity zu lesen ist die Inschrift „Kreis Osthavelland“. Sonst nichts.
Der Kreis Osthavelland existierte von 1816 bis 1952. Aus Teilen von Osthavelland, Niederbarnim und Ruppin entstand der neue Landkreis Oranienburg. Nach der Wiedervereinigung kam es zu erneuten Veränderungen, die bis heute Bestand haben: 1993 wurden die Kreise Oranienburg und Gransee zusammengelegt und seitdem gibt es den Landkreis Oberhavel mit der Kreisstadt Oranienburg.
Auf dem mit Betonplatten belegten Fahrweg, der einst als Zufahrt zum Heinkelwerk jenseits der Chaussee angelegt worden war, ist die Leegebrucher Gemeindegrenze offensichtlich durch zwei seitlich verlegte große Steine markiert. Direkt an der Einmündung zur Straße riegeln Leitplanken den Weg ab. Er endet dort, wo die steinerne Säule steht. Um nähere Einzelheiten zu dieser rätselhaften Steinsäule zu erfahren, wurde die seit vielen Jahren sehr engagierte Forschungsgruppe Meilensteine erfolgreich um Auskunft gebeten.
Wie Rolf Zimmermann von der Forschungsgruppe berichtet, tat dieser Obelisk einst tatsächlich als Postmeilenstein seinen Dienst. Spätestens 1803 wurde er hergestellt und fand seinen Platz an der „Alten Hamburger Poststraße“. Hier gehörte der Stein mit hoher Wahrscheinlichkeit von 1803 bis ca. 1836 zur Bestückung der Hauptpoststraße nach Hamburg. Die alte Streckenführung der Poststraße wurde zwischen 1833 bis 1836 aufgegeben, als die heutige Bundesstraße 5, die damalige „Neue Hamburger Chaussee“ fertiggestellt war. Diese Chaussee erhielt neue Meilensteine. Für die nun überflüssigen Postmeilensteine wurde nach einer Weiterverwendung gesucht. Einige Halbmeilensteine wurden zu Grenzsteinen umgewidmet, so auch der heute neben den Leitplanken an der Germendorfer Chaussee stehende mit der Inschrift Kreis Osthavelland. „Der Obeliskenschaft und die Schrift sind Originale“, wie Zimmermann weiter mitteilt. Von mindestens 1984 bis 2003 habe der Schaft auf der anderen Straßenseite am Hang gelegen, ehe er in der Straßenmeisterei Nassenheide restauriert und mit einem neuen Sockel wieder komplettiert worden sei. Sogar das Datum der Aufstellung am fast identischen alten Standort hat Zimmermann parat: es war der 18. Mai 2005 – damals natürlich ohne Graffity.
Nach jetzt erneut aufgenommenen Kontakten mit der Straßenmeisterei soll nun versucht werden, dieses alte „Schätzchen“ wieder in den Blickpunkt zu rücken. Die Forschungsgruppe Meilensteine und der Geschichtsverein Leegebruch bleiben am Ball.
Ulrike Unger
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!